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"Im Interesse der Steuerzahler: Was leisten öffentliche Banken?"  [23.11.16]

Bericht vom Stiftungsvortrag am 27.10.2016 von Prof. Dr. Liane Buchholz

Am 27.10.2016 besuchte Prof. Dr. Liane Buchholz, Hauptgeschäftsführerin des Bundesverbandes öffentlicher Banken Deutschlands, die Universität Hohenheim um über die, oft in der Diskussion stehenden, öffentlichen Banken und die momentanen Probleme, mit denen sich die deutschen Banken konfrontiert sehen, zu sprechen und diskutieren.

Vita:

-1984-1988 Studium der Finanzwirtschaft an der Hochschule für Ökonomie, Berlin

-seit 1998 Professorin für Betriebswirtschaftslehre der Banken an der Hochschule für Wirtschaft und Recht, Berlin

-1998-2009 Geschäftsführende Gründungsgesellschafterin der VRE–Bankbesteuerungssysteme GmbH

-seit 1. Januar 2014 Hauptgeschäftsführerin des Bundesverbandes öffentlicher Banken Deutschlands

Landesbanken

Eine wichtige Aufgabe der Landesbanken sieht Frau Prof. Buchholz darin, dass diese bei Naturkatastrophen refinanzieren oder als „Risk-Taker“ agieren. Die deutschen Landesbanken sind überdurchschnittlich gut kapitalisiert, aber trotzdem steht die Frage im Raum, ob diese Banken noch benötigt werden. Frau Prof. Buchholz spricht sich gegen eine Konsolidierung aus, da diese Bank dann „too-big-to-fail“ wäre. Weiterhin seien die Landesbanken überdurchschnittlich rentabel und besitzen eine gute Ertrags-Kosten-Relation. Dies liegt am Beihilfeverfahren, da dadurch ein Drittel des Volumens abgebaut wurde, bei gleichzeitiger Reduzierung der Risiken um 40%. Häufig haben die Landesbanken auch einen Spezialauftrag wie die Finanzierung des Flugzeug- oder Schiffbaus. Aus diesen Gründen sagt Frau Prof. Buchholz aus voller Überzeugung, dass die Landesbanken sich schneller erholt haben und es deswegen keine Konsolidierungsdiskussion geben sollte.

Förderbanken

Die Kernaufgabe der Förderbanken ist es Marktversagen zu verhindern. Momentan besteht aufgrund der negativen Zinsen bei langfristigen Krediten ein Zinsänderungsrisiko. Dies versuchen die Förderbanken zu eliminieren. Für Frau Prof. Buchholz gab es in der Geschichte drei Wellen wo Förderbanken „en Vogue“ waren. Momentan sieht Frau Prof. Buchholz, dass nun diese dritte Welle beginnt. Hierfür sprechen die Bedeutung der Infrastrukturfinanzierung, von bezahlbarem Wohnraum sowie der Sicherstellung der Langfristfinanzierung. Drei Förderbanken sind unter EZB-Aufsicht und werden von der EZB als Risikoreich dargestellt, aufgrund von sozialem Wohnungsbau. Somit gab es die Anordnung zu streuen, wogegen die L-Bank klagte und Recht bekam. Aktuell kümmern sich die Förderbanken um Start-Up-Finanzierung, wenn auch nur in geringem Maße im Vergleich zu den Amerikanern. Frau Prof. Buchholz verneint einen häufigen Kritikpunkt an öffentlichen Banken im Missbrauch von Gewinnen zur Haushaltsverbesserung. Dies liegt daran, dass viele öffentliche Banken ihre Gewinne nicht ausschütten. Auch können Förderbanken nicht insolvent gehen, weswegen für Frau Prof. Buchholz momentan eine Renaissance der Förderbanken stattfindet. Dies kann man daran erkennen, dass in vielen EU-Ländern Förderbanken aufgebaut werden. Die Gründe hierfür sind zum einen der Juncker-Plan und zum anderen, dass die Banken zwar mit Liquidität vollgepumpt sind aber nicht in Risiko investieren können. Deswegen appelliert Frau Prof. Buchholz daran, dass wir nicht mehr Liquidität brauchen, sondern eine Bereitschaft zur Risikoübergabe, ansonsten brauchen wir Förderbanken wie in Italien oder Spanien.

Regulierungsproblematik

Im deutschen Bankensektor werden die kleinen Banken durch Basel zu stark belastet, weswegen die Kreditwirtschaft abstirbt. Hier stellt sich für Frau Prof. Buchholz die Frage warum man Basel nicht nur für internationale Banken implementiert. Eine Sparkasse beispielsweise muss 365 regulatorische Maßnahmen umsetzen und bei einer Kreditvergabe 100 Daten an die EZB schicken. Dadurch entstehen enorme Datenfriedhöfe, was aus Frau Prof. Buchholz Sicht unnötig ist, da die IT-Kosten unglaublich groß werden. Aus solchen Gründen haben sich EU-Banken von manchen Aktivitäten verabschiedet, welche nun von den US-Banken übernommen werden. Dies darf jedoch nicht geschehen, da eine Bank am Anfang jeder Wertschöpfungskette steht. Aus diesen Gründen wird es für Frau Prof. Buchholz in Zukunft weitere Sparkassen-Fusionen geben, da momentan Bankenaufsicht anhand von Zahlen stattfindet. Dies liegt daran, dass man so keine Krisen verhindern kann, da die nächste Krise aus einer Ecke kommen wird, wo wir keine Erfahrung haben. In der Vergangenheit wurde eine Risikoabschätzung häufig mithilfe von Erfahrungen durchgeführt, was nun nicht mehr möglich ist. Somit wäre ein Kredit bei Bank A genauso risikoreich wie bei Bank B, was für Frau Prof. Buchholz falsch ist. Deswegen ist auch momentan eine Immobilienfinanzierung unattraktiv, da diese langfristig ist. Durch Basel würden deutsche Banken 40% mehr Eigenkapital brauchen, amerikanische Banken aber nicht. Dies liegt im Gegensatz zu den Amerikanern an der deutschen „Langfristkultur“, weswegen ein hohes Zinsänderungsrisiko besteht und dieses nach Basel mehr Eigenkapital bedeutet. Für Frau Prof. Buchholz wird deswegen momentan von der Politik Standortgefährdung betrieben. Als Fazit sieht Frau Prof. Buchholz die Förderbanken als gut gewappnet an, allerdings können auch sie viel mehr Regulierung nicht ertragen.

Diskussion

In der anschließenden Diskussion stellte sich die Frage, von wo die nächste Krise aus Frau Prof. Buchholz Sicht kommen könnte. Diese sah die bisherigen Krisen als explosionsartige Krisen, entstanden durch Vernetzung, was in Zukunft auch kommen wird. Momentan allerdings findet für sie eine schleichende Krise statt, da substanzielle Einbrüche im Ertragswesen vorliegen. Allerdings kann Frau Prof. Buchholz nicht genau sagen, wo diese entsteht, sondern nur prognostizieren, dass diese schlimmer werden wird. Auch wurde gefragt, warum man sich nicht gegen eine solche Regulatorik wehrt. Frau Prof. Buchholz antwortete, dass der Ruf der Banken ruiniert sei, aber auch sehen Politik und Regulierung langsam ein, dass eine Grenze erreicht ist. Der VÖB hat aber die Technik geändert und versucht nun, sich mit anderen Ländern zusammenzusetzen, wo die heimischen Banken einen besseren Draht zur Politik haben, um dadurch besser Gehör zu finden.

Mark Soltys B.Sc. cand.


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