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"Von Spendernieren zum Hochfrequenzhandel - Ökonomen denken Märkte neu" [23.11.16]
Bericht vom Stiftungsvortrag am 09.11.2016 von Prof. Achim Wambach, PhDAm 09.11.2016 besuchte Prof. Achim Wambach, PhD, Präsident des Zentrums für europäische Wirtschaftsforschung, die Universität Hohenheim um über Ansatz und Anwendung des Marktdesigns zu informieren.
Vita:
-2001-2005 Professor der Volkswirtschaftslehre an der Universität Erlangen-Nürnberg
-2007-2008 Präsident der European Group of Risk and Insurance Economists
-seit März 2016 Vorsitzender der Monopolkomission
-seit April 2016 Präsident des ZEW
Prof. Wambach eröffnete die Veranstaltung mit der Aussage, dass heutzutage ein „Gleichgewicht der sozialen Märkte“ vorliegt. Es werden Regeln für alle Märkte gebraucht. Unter diesen Regeln wird dann den Marktteilnehmern freie Hand gelassen. Wenn dies allerdings nicht funktioniert, greift der Staat ein. Momentan befinden wir uns in der Situation, dass der Staat genötigt wird in spezifische Märkte einzugreifen und dort spezifische Regeln festzulegen. Dadurch muss der Staat immer mehr Märkte designen. Parallel dazu wird sich in der Wissenschaft die Frage gestellt, wie man die Regeln festlegen kann. Die praktische Anwendung der Festlegung solcher Regeln nennt man Marktdesign. Heutzutage reicht es nämlich nicht mehr aus, den Homo Oeconomicus in einen Markt zu schicken, da viele Märkte scheitern.
Hierfür nennt Prof. Wambach als Beispiel die GSM-Auktion im Jahr 1999, welche scheiterte, da Bieter durch Gebote miteinander kommunizierten und sich so indirekt absprachen. Mit noch weiteren Beispielen erläuterte Prof. Wambach verschiedene Szenarien und stellte so heraus, dass unterschiedliche Regeln eines Marktes auch zu unterschiedlichen Ergebnissen führen. Genau hier setzt Marktdesign an, welches versucht durch ökonomische Methoden reale Märkte zu analysieren und zu optimieren. Hierbei werden Methoden der Spieltheorie, des Mechanism Design aber unter anderem auch der Verhaltensökonomik eingesetzt. Die Anwendungsbereiche können geldbasierte Märkte, wie Energiemärkte oder Frequenzauktionen sein, aber auch Matching-Märkte wie die Schulplatzvergabe oder die Zuweisung von Spendernieren. Für diese Arbeit der „Praxis des Marktdesigns“ wurden Alvin E. Roth und Lloyd S. Shapley im Jahr 2012 mit dem Nobelpreis ausgezeichnet.
Prof. Wambach nennt als Praxisbeispiel die Preissetzung durch Investmentbanken, die enorme Preisschwankungen am ersten Tag der Aktie verursacht, da Unsicherheit vorliegt. Hier versucht das Marktdesign durch ein Auktionsverfahren diesen Effekt zu verhindern, da durch eine Auktion die Nachfrage den Preis bestimmt und somit die eigene Unsicherheit über den Wert der Aktie kein Problem mehr darstellt. Dies kann allerdings, wie im Falle des Google IPO im Jahr 2004, zu unerwünschten Ergebnissen führen, wenn eine zu hohe Komplexität vorhanden ist. Ein weiteres aktuelles Thema ist der Hochfrequenzhandel durch Arbitrage. Da sich im Minutenbereich kein Geld verdienen lässt, wohl aber im Millisekundenbereich. Deswegen investieren Unternehmen Unsummen in schnellere Leitungen, um ein paar Millisekunden zu sparen und dadurch einen höheren Gewinn zu erwirtschaften. Da die Gewinne statistisch gesehen gleich bleiben, sind die Investitionen sinnlos, weshalb momentan eine Diskussion stattfindet, ob durch einen Market-Clearing-Process dieses Geschäftsmodell beendet werden soll. Um Marktdesign wirkungsvoll einsetzen zu können, muss der Einfluss von Regeln und Beschränkungen auf das Marktergebnis verstanden werden. Hierzu müssen Details des Marktes bekannt sein und interdisziplinäre Forschung betrieben werden. Deswegen lassen sich vier Folgen für das Marktdesign identifizieren:
1. Es gibt keine Universallösung
2. Man muss relevante Beschränkungen identifizieren
3.Es muss ein Verständnis vorhanden sein über die Beziehung zwischen Regeln und Verhalten
4.Es muss eine Kombination verschiedener Methoden und Fähigkeiten stattfinden
Diskussion
In der anschließenden Diskussion wurde die Frage gestellt, wie die Spendernieren in den Titel der Veranstaltung passen. Prof. Wambach antwortete, dass im Gegensatz zu Deutschland in den USA es erlaubt ist über Kreuz Nieren zu spenden oder gar eine Kettenspendung durchzuführen. In Deutschland hingegen sind solche Praktiken verboten, da dadurch der Druck zu spenden höher wird. Somit kann auch hier ein Markt unterschiedlich designt sein. Eine weitere Frage war, wie sich Marktdesign im Banksektor auswirkt. Prof. Wambach antwortete, dass momentan Markdesign nur im Hochfrequenzhandel und im Emissionsbereich angewendet wird. Allerdings sind dort nur einzelne Aspekte betroffen. Zuletzt stellte Prof. Burghof noch die Frage, inwieweit Marktdesign helfen kann Bubbles zu bremsen und so ein Versagen der Bankenmärkte zu verhindern. Daraufhin antwortete Prof. Wambach, dass dies schwierig sei, da es keine Theorie gibt, um Bubbles zu identifizieren und man somit auch den Bereich nicht kennt, wo man Marktdesign ansetzen könnte. Mark Soltys B.Sc. cand.