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"Weiterentwicklung der europäischen Bankenunion"  [11.07.16]

Bericht vom Stiftungsvortrag am 2.6.2016 von Dr. Levin Holle

Mit dem Hintergrund der großen strukturellen Bankenprobleme, besuchte Dr. Levin Holle die Universität Hohenheim am 2. Juni 2016 um einen Einblick in die Bankenregulierung unter dem Thema „Weiterentwicklung der Europäischen Bankenunion“ zu geben. Dr. Levin Holle ist Leiter für Finanzmarktpolitik im Bundesministerium der Finanzen.

Vita:

-1996 Promotion Universität Göttingen (Dr.jur.)

-1997-2011 Unternehmensberatung Boston Consulting Group, zuletzt Senior Partner und Leiter der Niederlassung in Berlin

-seit Januar 2012 Abteilungsleiter Bundesministerium der Finanzen zuständig für Finanzmarktpolitik

Prof. Hans-Peter Burghof war leider verhindert, weshalb er durch Prof. Monika Gehde-Trapp vertreten wurde. Dr. Holle begann seinen Vortrag mit den Worten, das ein „Umbruch im regulatorischem Rahmen“ stattfindet und ließ als ersten Punkt die vergangen Jahre Revue passieren und sprach von der Lehmann Krise und das die Risiken der Banken auf die Öffentlichkeit abgewälzt wurden. Zentrale Forderung war damals mehr Eigenkapital (Basel 3) aber fraglich ist ob dies ausreicht, da im Bankensektor strukturelle Probleme vorherrschen. Rettungsschirme sind hierauf keine Antwort, weshalb Dr. Holle zum Hauptteil seines Vortrags kam: Der Europäischen Bankenunion und die drei Säulen, die diese stützen.

Bankenaufsicht

Als nächstes sprach Dr. Holle über die Kompetenzzuweisung der Bankenaufsicht zur Europäischen Zentralbank. Hier sollen alle „signifikanten“ Banken der Aufsicht der EZB unterstellt werden. Alle kleineren Banken bleiben weiterhin unter Nationaler Aufsicht. Eine Bank wird als signifikant eingestuft, wenn sie eine Bilanzsumme von mindestens 30 Milliarden € besitzt, dies ist aber aus fachlicher Sicht zu niedrig. Der Grund für diese Kompetenzverschiebung liegt darin, dass national viele Probleme bestehen und die EZB sehr populär ist und dafür steht Regeln durchzusetzen. Hier sollen Sanktionen von einer unabhängigen Behörde und keinem politischem Gremium durchgesetzt werden. Hiermit sollen auch einheitliche Wettbewerbsbedingungen geschaffen werden.

Einheitliche Bankenabwicklung

Der zweite Teil der Europäischen Bankenunion ist die einheitliche Bankenentwicklung und der damit verbundene „Single Resolution Fund“, in den die Banken einzahlen und dem damit verbundenen „Bail-in“, das heißt, dass Gläubiger durch Abschreibungen herangezogen werden. Das große Problem ist, das genug Haftungsmasse besorgt werden muss. Allerdings würden 20% Eigenkapital sich auf die Kosten von Krediten auswirken, weshalb nur die Möglichkeit eines Systemwechsels zum „Bail-in“ bleibt und damit verbunden eine Haftungskaskade. Man hat sich vor allem die Lehmann-Krise angeschaut um dieses Konzept herauszuarbeiten. Als Ergebnis hatte man dann, das bei einer Verlustbeteiligung von 8% noch 50 Milliarden € nötig gewesen wäre. Somit folgt daraus ein Fond, in den die Banken einzahlen und der bis Ende 2023 55 Milliarden € umfassen soll. Vor der Nutzung des Fonds wird den Banken eine Verlustbeteiligung in Höhe von 8% der Bilanzsumme vorgeschrieben. Reichen diese beiden Mittel nicht aus, wird als ultima ratio ein nationaler Kredit gewährt, hier wird allerdings darauf geachtet, dass die Haushaltssouveränität gewährleistet bleibt.

Einlagensicherung

Die Einlagensicherung stellt die mögliche dritte Säule der Europäischen Bankenunion dar. Auch sie wird stark diskutiert. Hier wurde von der EU-Kommission das Einlagensicherungssystem „EDIS“ vorgeschlagen, um stärkeren und einheitlicheren Versicherungsschutz zu gewährleisten. Hier sollen Einlagen bis 100 000 € geschützt werden. Das heißt, dass das europäische System bei einer Insolvenz einspringt. Hier führen viele Banken an, dass eine Vergemeinschaftung von Verlusten stattfindet. Um diesen Prozess zur Verabschiedung von „EDIS“ so transparent wie möglich zu machen, muss dieser einheitlich beschlossen werden, damit kein „fauler Kompromiss“ stattfindet. Im Gesamtbild muss die EU-Kommission fachlich neutral und abschließend entscheiden. Außerdem müssen Kompetenzvorgaben eingehalten werden, ansonsten schmilzt Bereitschaft Kompetenz Europa zuzuweisen. Gegen Ende appellierte Dr. Holle nochmal daran, dass wir weg davon müssen, dass Staatsanleihen null Risiko besitzen und dass es verbindliche Regeln für die Strukturierung von Staatsschulden geben muss. Das Fazit war, dass viel bewegt wurde und ein fundamentaler Paradigmenwechsel stattgefunden hat. Allerdings ist dieser noch nicht abgeschlossen und es ist wichtig hier Schritt für Schritt entschlossen vorzugehen. Publikumsdiskussion Im Anschluss an den Vortrag fand eine sehr angeregte Diskussion statt. Unter anderem wurde gefragt, wieso auch kleine oder mittlere Banken so von der Europäischen Bankenunion berührt werden. Dr. Holle antwortete, dass auch mittlere Banken für Krisen verantwortlich waren und stark gewankt haben, während die größeren gut durchgekommen sind. Außerdem wurde gefragt wie stabil diese Prozesse sind. Darauf wurde geantwortet, dass die Instrumente rechtlich präzise formuliert sein müssen und erst stabil sein werden, wenn einige Prozesse gelaufen sind. Es ist ein langwieriger Prozess das Vertrauen zurückzubringen, aber es ist wichtig diese Regeln umzusetzen. Anschließend fand noch ein Empfang im Schloss auf Einladung von Stuttgart Financial statt.

Mark Soltys B.Sc.stud.


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